Aufgeschlagenes Buch vor Buchregal

Warum Sie mit Regeln nicht alles regeln können

Ich dachte, ich sehe nicht recht: Über 1.200 Regeln hatte der Unternehmer im Laufe der Zeit für seine Mitarbeiter aufgestellt! Zu jedem Handgriff gab es eine Vorschrift, wie genau was zu machen ist. Das ergab einen dicken Schmöker, dieses Konvolut lag richtig schwer in meiner Hand.

Ob die Regeln Sinn machten oder irgendwann einmal Sinn gemacht hatten, konnte ich auf den ersten Blick nicht erkennen. Was ich aber erkennen konnte, war: Dieses Regelwerk ist eine Effizienzbremse!

„Und wann,“ fragte ich den Unternehmer, „arbeiten Ihre Leute, wenn sie für alles und jedes erst die richtige Regel nachschlagen müssen?“

Warum Regeln eine psychologische Falle sind

Das Bedürfnis, Regeln für etwas aufzustellen, entsteht sehr oft in Empörungssituationen. Irgendetwas ist richtig schiefgelaufen, ein Mitarbeiter hat einen Fehler gemacht, eine falsche Entscheidung getroffen – und nicht unbeträchtlichen Schaden angerichtet. Alle sind schrecklich aufgeregt, fragen sich, wie sie so etwas in Zukunft verhindern können. Die naheliegende Antwort: eine Regel formulieren, wie sich ein Mitarbeiter in einer ähnlichen Situation zu verhalten hat. Schon ist die erste Regel da – und zieht im Laufe der Zeit immer weitere nach sich. Weil die erste sich noch nicht als ganz wasserdicht erweist, weil sie für etwas anders gelagerte Situationen umgeschrieben werden muss …

Tappen Sie nicht in diese psychologische Falle: Möglicherweise auftauchende Probleme mit Vorschriften in den Griff bekommen zu wollen, wird „in der Regel“ nicht funktionieren. Sie erzeugen damit keine Sicherheit, sondern nur eine Scheinsicherheit. Wenn Fehler passieren, dann haben die sowieso in einer Ecke gelauert, die Sie mit Ihren Regeln noch nicht ausgeleuchtet hatten.

Warum Regeln gefährlich für Ihr Unternehmen sind

Stellen Sie sich lieber die Frage: Was erreiche ich mit diesen Regeln? Zuerst einmal und vor allen Dingen: zusätzliche Beschäftigung. Jemand muss diese Regeln aufstellen, formulieren, kontrollieren, überprüfen, neu formulieren … Und alle Mitarbeiter müssen, bevor sie etwas tun, überlegen und nachschlagen, wie genau sie es zu tun haben.

Der Erfolg: Ihr Unternehmen beschäftigt sich nur noch mit sich selbst – und verliert dabei Ihre Kunden aus den Augen. Kurz: Regeln da, wo Regeln keinen Sinn machen, halten Ihre Mitarbeiter nur von der Arbeit ab.

Und ich habe schon selbst die Erleichterung bei Mitarbeitern erleben dürfen, wenn wir Regelwerke entrümpelt und Regeln abgeschafft haben: „Endlich können wir uns wieder um unsere Arbeit kümmern!“

Warum Sie Führungskräfte von der Regelkette lassen müssen

Besonders betroffen sind Führungskräfte. Deren Tätigkeit können Sie in vier Quadranten einteilen:

Quadrant 1: wichtig und dringend
Quadrant 2: wichtig und nicht dringend
Quadrant 3: nicht wichtig und dringend
Quadrant 4: nicht wichtig und nicht dringend

Eigentlich sollten Führungskräfte sich hauptsächlich in Quadrant 2 aufhalten. Heißt: In Ruhe die wichtigen Dinge auf den Weg bringen. Tatsächlich mache ich die Erfahrung, dass sie den Hauptteil ihrer Zeit in Quadrant 1 verbringen. Warum? Weil sie durch zu viele Regeln von ihrer Arbeit in Quadrant 2 abgehalten werden – so lange, bis dort die eigentlich noch nicht dringenden Aufgaben ebenfalls dringend geworden sind. Mit Regeln an der nicht passenden Stelle halten Sie also Ihre wichtigsten Mitarbeiter systematisch von ihrer eigentlichen Arbeit ab. 

Warum Sie Regeln durch Prinzipien ersetzen sollten

Mein Tipp: Entrümpeln Sie Ihre Regeln! Überlegen Sie genau, welche davon wirklich Sinn machen, welche überflüssig oder obsolet sind.

Und noch besser: Stellen Sie lieber Prinzipien auf, wo Regeln keinen Sinn machen! Nehmen Sie zum Beispiel das Thema Reisekosten. Die Regel: „Ein Hotelzimmer darf nicht mehr als 70 Euro kosten“ wird Ihre Mitarbeiter sehr oft vor große Probleme stellen. Das Prinzip: „Buche nicht gerade das teuerste Hotel der Stadt“ dagegen ist leicht zu befolgen.

Regeln wirken wie Barrieren: Sie zwingen zu Umwegen. Prinzipien dagegen sind wie Leitplanken: Mit denen weiß jeder immer, wo es lang geht, und hat ansonsten freie Fahrt, um für den Erfolg Ihres Unternehmens zu arbeiten.

Wilfried Weber

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