„Wir waren just in time unterwegs, wenn es um die Liefertermine für unsere Kunden geht. Die Qualität unserer Produkte entsprach den gewünschten Spezifikationen. Alles bestens.
Und nun? Es läuft nicht mehr so rund. Wir haben zu viel Ausschuss, müssen uns sehr strecken, um Termine und Vorgaben einzuhalten. Früher lief es doch, warum ist jetzt der Wurm drin?“
Ja, warum?
Nie in der Kultur verankert …
An der Organisation und den Prozessen an sich lag es nicht. Denn als ich mir diese angesehen habe, mit allen Beteiligten gesprochen haben, zeigte sich, sie waren im Prinzip gut aufgestellt. Hatten sich eigentlich eine schöne Organisation geschaffen. Aber – und das war sehr interessant – an neuralgischen Punkten in der Kommunikation, in der Abstimmung, waren sie von ihrem Weg abgewichen – und das führte dazu, dass es nicht mehr so gut lief.
„Warum macht ihr das nicht mehr so wie früher?“, fragte ich also, „Das hat doch funktioniert?“
„Hmm, das ist wegen Corona.“, so die Antwort, „Dann ging das nicht mehr. Wir konnten uns zum Abstimmen nicht mehr treffen.“
„Okay, aber Corona ist doch durch. Ihr könnt doch wieder zu eurer alten Praxis zurückkehren. Warum tut ihr das nicht? Warum kehrt ihr nicht zu den Prozessen zurück, die so gut funktioniert haben?“
Weil diese Prozesse nie in Fleisch und Blut übergangen sind, sie wurden nie in der Unternehmenskultur verankert.
„Dann machen wir doch einen Kulturworkshop …“
Das war das Problem. Denn wenn die funktionierenden Prozesse ein Teil der Kultur gewesen wären, dann hätten die Menschen von sich aus eigenständig wieder damit begonnen, so zu handeln, so zu agieren, wenn das Hemmnis – in dem Fall Corona – wegfällt. Meine Analyse war: Was gut gelaufen war, war nur verordnet gewesen. Den Mitarbeitern nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Nicht wirklich ein Teil der Kultur.
„Ja, okay. Dann setzen wir doch einen Kulturworkshop auf …“ – so die gängige Kur bei Kulturproblemen. Oft zum Beispiel verordnet, wenn Führungskräfte neu in ein Unternehmen kommen. Dann wird gerne ein Problem in der Kultur identifiziert und prognostiziert: „Wir brauchen einen Kulturworkshop!“
Aber aus meiner Sicht funktioniert das nicht. Weil auch dann etwas nur verordnet wird. Weil nicht verstanden wird, was Kultur ist.
Kultur ist, wie wir Dinge tun …
Spreche ich über Unternehmenskultur, dann spüre ich in den Unternehmen, wie wenig greifbar das ist. Die Leute tun sich schwer, zu definieren, was es mit der Kultur auf sich hat. Führungskräfte zum Beispiel sprechen gerne von „Unternehmensphilosophie“ oder „unserer Qualitätspolitik“. Aber genau das ist eben keine Kultur. Denn was hier meist beschrieben wird, ist ein Soll-Zustand. Kultur ist aber ein Ist-Zustand.
Und diesen Ist-Zustand nehme ich in den Blick, wenn es darum geht, in einem Unternehmen Prozesse zu etablieren, die den Menschen dann in Fleisch und Blut übergehen. Die dafür sorgen, dass die Menschen selbstorganisiert, mit Elan und Kreativität die Dinge angehen, die für ein Unternehmen gut und sinnvoll sind.
Die Definition von Kultur in einem Unternehmen, die ich sehr treffend finde, auch weil ich merke, dass sie bei den Menschen, gerade bei denen an der Basis, gut ankommen ist: „Kultur ist, wie wir Dinge tun.“ Wie Sie in Ihrem Unternehmen Probleme lösen, wie die Menschen in Ihrem Unternehmen miteinander umgehen, wie sie kommunizieren, miteinander streiten, auch Erfolge feiern – das ist Kultur. Die Dinge auf eine bestimmte Weise tun, das ist der Kern einer Unternehmenskultur.
Eine wirksamere Kultur ermöglichen …
Was also können Sie tun, um zu beeinflussen, wie die Dinge in Ihrem Unternehmen angegangen werden?
Nicht über Workshops, Kulturworkshops sind Quark, weil in denen ja nicht etwas getan wird, was in Ihrem Unternehmen sonst auch getan wird.
Die Kultur in Ihrem Unternehmen können Sie nur beeinflussen, wenn Sie konkrete Probleme angehen, wenn Sie sich gemeinsam existierende Themenstellungen vornehmen. Wenn Sie „Dinge tun“, wenn die Menschen in Ihrem Unternehmen also Dinge auf eine Weise tun, von denen sie merken, spüren, sehen, „Hey, das läuft ja viel besser!“
Wenn Sie die Kultur verändern, dann läuft das über die Ergebnisse, nicht darüber, dass den Leuten ein Rezept übergestülpt wird.
So tun Ihre Mitarbeiter die Dinge auf die Weise, wie sie erlebt haben, dass es gut ist, die Dinge zu tun. Gut fürs Unternehmen. Gut für die tägliche Zusammenarbeit. Gut für die Kunden. Und was dabei wirklich erste Sahne ist: Wenn es den Menschen ins Knochenmark übergeht, lassen sie sich auch von so einem Hammer wie einer Pandemie nicht davon abhalten, das zu tun, was sie für richtig halten.
Wilfried Weber
PS: Wie Sie das in Ihrem Unternehmen hinbekommen? Sprechen Sie mich zu dieser Frage und den individuellen Möglichkeiten gerne persönlich an …