Rüstzeiten reduzieren - Wilfried Weber

Rüstzeiten reduzieren – eigentlich ganz einfach

Ich bin niemand, der sich regelmäßig Formel I-Rennen anschaut. Aber eine Sache dabei fasziniert mich doch immer wieder – der Boxenstopp: Der Bolide kommt in die Boxengasse, stoppt, sofort entsteht ein für den Zuschauer schier nicht zu überblickendes Mechanikergewimmel – und ein paar Sekunden später düst der Rennwagen mit neuen Reifen wieder davon. Den Weltrekord hält die Red-Bull-Racing-Boxencrew, die beim Grand Prix in Brasilien 2019 alle vier Reifen an Max Verstappens Boliden in genau 1,82 Sekunden auswechselte.

Warum mich das so fasziniert? Weil ich mir ziemlich sicher bin, dass jeder Unternehmer im produzierenden Gewerbe von solchen Rüstzeiten für seine Maschinen träumt. Und weil Sie sich für die Organisation ebendieser Rüstzeiten bei diesen Boxenstopps ganz viel abschauen können.

So gewinnen Sie Produktionszeit

Unseren persönlichen Pro Process-Rekord haben wir beim Produktwechsel an einer Joghurt-Abfüllmaschine aufgestellt: Wir konnten die Dauer dieses Prozesses um 80 Prozent von 36 auf 7 Minuten reduzieren. Das sind 29 Minuten mehr Produktionszeit. Das ist natürlich ein Spitzenwert. Aber selbst, wenn Sie nur 50 Prozent schaffen: Bei einer Maschine, die normalerweise zur Rüstung und Reinigung 15 Stunden stillsteht, bedeutet das, dass Sie eine ganze Schicht Produktionszeit gewinnen.

Aber wie bekommen Sie das hin? Da gibt es ein paar einfache Tricks:

Schauen Sie sich zuerst einmal an, welche Tätigkeiten genau ausgeführt werden müssen. Machen Sie sich eine Liste wirklich aller Tätigkeiten, die zum Umrüsten der Maschine notwendig sind. Wenn wir von Pro Process eine solche Auflistung gemacht haben, teilen wir sie anschließend in bestimmte Tätigkeitskategorien ein. Diese genaue Kategorisierung und Zuordnung der einzelnen Tätigkeiten erlaubt es Ihnen, sich genau zu überlegen, wer wann was macht. Anschließend werden die Tätigkeitskategorien spezifisch umgewandelt und abschließend systematisch und strukturiert verändert.

Sie können sicher sein: Wenn Verstappen zum Boxenstopp kommt, dann überlegt das Boxenteam von Red Bull nicht erst dann, was alles gemacht werden muss und wer es tut, sondern dann sind alle Tätigkeiten bereits genau zugeordnet und alles läuft ohne die geringste Verzögerung ab. Da sind die Reifen natürlich längst aus dem Lager geholt und die Schrauben liegen bereit dort, wo sie gebraucht werden.

Nutzen Sie Ihr Optimierungspotenzial! 

Diese genaue Tätigkeitsklassifizierung und Zuordnung derArbeiten birgt enormes Optimierungspotenzial. Sie können dann einen lückenlosen Zeitplan erstellen, der keine unnötigen Wartezeiten mehr beinhaltet. Hierbei geht es übrigens nicht darum, Ihren Mitarbeitern eine kürzere Taktung aufzuzwingen, ein schnelleres Arbeiten abzuverlangen, sie dazu zu bringen, schneller zu rennen oder gar zu hetzen. Es geht vielmehr um den logischen Ablauf der Tätigkeiten. Wann müssen Sie die Maschine abschalten? Für wie lange? Wann macht wer was und wie mit was? Wann kann ich die Maschine wieder produzieren lassen?

Um ein kleines Beispiel anhand des Boxenteams zu geben: Neue Reifen müssen erst warmgefahren werden, um den nötigen Grip zu bekommen. Das ginge natürlich von Verstappens Rennzeit ab. Also werden die Reifen schon in der Box vorgewärmt.

Es sind solche einfachen Tricks, die aber einen unglaublichen Effekt haben – und von denen es eine ganze Menge gibt. Sie können die Stillstandszeiten zum Teil massiv verkürzen.

Dabei müssen Sie übrigens keine Angst haben, auf den Widerstand der Mitarbeiter zu stoßen. Wir haben bei Pro Process eine kleine Maschine für ein „Rüstspiel“ gebaut. Die geben wir den Mitarbeitern und bitten sie, nachdem wir ihnen ein paar Regeln erklärt haben, sich zu überlegen, wie sie das Umrüsten an dieser Spielzeugmaschine optimieren könnten. Und ich kann Ihnen sagen: Die Leute haben einen Heidenspaß daran und wollen gar nicht mehr aufhören zu optimieren.

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